Über den Dächern von Stuttgart

Panoramaweg zum Höhenpark Killesberg, Führung: Karin Altendorf-Holzwarth und Dieter Holzwarth, Dauer (reine Gehzeit): ca. 3,0 Std. Abfahrt Bhf. Asperg 10.43 – Ludwigsburg 10.46 und Kornwestheim 10.50 Uhr, Treffpunkt 11.00 Uhr S-Bahn-Station Stuttgart-Nordbahnhof beim Museum am Löwentor (Naturkundemuseum)

Direkt vom Bahnsteig kann man mit dem Fahrrad losfahren und bis Stadtmitte gelangen. Zu verdanken ist das der IGA 1993 (Internationale Gartenbau Ausstellung). Ziel war es, durch die imposanten Stegen die einzelnen Parklandschaften Höhenpark Killesberg und Rosensteinpark bis Hauptbahnhof und oberen Schlossgarten zu einer großen Grünen Lunge zu verbinden. Die Besucher sollten dies zu Fuß, mit Kinderwagen und dem Fahrrad barrierefrei ohne Stufen und Treppen tun können.

Im Rosensteinpark laufen wir am Museum am Löwentor vorbei und sehen im Hof vor dem Eingang drei überlebensgroße Dinosaurier-Figuren. Hinter einem Biotop-Teich mit Schilfgras stehen sich zwei kämpfende Elefanten-Figuren mit langen Stoßzähnen gegenüber.

Über dem ersten Steg laufen wir am Leibfriedschen Garten entlang zu einem Aussichtshügel mit kreisrunder Ummauerung. Mitten auf Stuttgarts größter Kreuzung, dem Verkehrsknotenpunkt Pragsattel, steht das Wahrzeichen und Mahnmal, ein zwölfeckiger Bunkerturm.

Rechts davon das Polizeipräsidium und das Eingangstor zum interessanten Polizei-Museum. Am hintersten Wiesenzipfel, vor dem Pragsattel ist ein kreisrundes Wiesenstück mit zwei Meter hohen Lanzen mit vergoldeten Spitzen abgesteckt. In diesem Refugium bleibt die Natur sich selbst überlassen und kein Stadtgärtner darf dort mähen. Die Treppe hinunter laufen wir auf dem nächsten Steg am Bülow-Turm mit seinem auffälligen Dachsegel vorbei.

*Drüben erreichen wir den Aussichtspunkt am Egelsee-Park mit seinen tollen Wasserfontänen*.

Oben sieht man schon den Killesberg, was sehr motiviert. Wir gehen rechts am Egelsee vorbei und sieht im sauberen Wasser Karpfen.

*Den Serpentinenweg leicht ansteigend am Wasserspielplatz vorbei, gelangen wir zum Vereinsheim der Kleingarten-Anlage „Ins Blaue“. Auf dem Weg zum Wartberg 330 m kommen wir an Schrebergärten vorbei*.

Vom St.-Helens-Steg ist noch ein Monumentalbau zu sehen, der bei der Bombardierung nicht zerstört wurde, erbaut von der NSDAP ca. 1936. Dort ist die stadtbekannte Diskothek „Perkins-Park“ und das Kindertheater „Die Badewanne“ untergebracht.

*Auf dem Killesberg empfängt uns eine Kunstinstallation der „Stangenwald“ mit 63 weißen Säulen*.

Rechts ein Abstecher zum Streichelzoo mit Alpakas und Schafen. Die beiden Kinderglück-Automaten waren leider leer, nichts zu füttern.

*Nach der Milchbar erreichen wir den Killesberg-See. In den warmen Jahreszeiten mit seinen Flamingos und etwas weiter Jahrmarkttheater und Karussell*.

Dazwischen sind WC-Anlagen (wenn kein Feiertag ist, hat das Höhencafé Killesberg geöffnet. Gleich im Eingangsbereich gibt es ein WC).

*Etwas oberhalb steht der 42 m hohe Killesberg-Turm, der 2001 eingeweiht wurde. Man wirft einen kleinen Obolus in die Kasse, geht die Wendeltreppe hinauf, und hat dann tolle Ausblicke von den vier Etagen des filigranen Stahlturms. (Heilige Dreikönige war der Turm abgesperrt). Wir blicken in den mittleren Neckarraum, auf die Schwäbische Alb, im Hintergrund die Berge des Schwäbisch-Fränkischen Walds. Nach Schaugenuss wieder hinunter*.

Am Fuß des Turms lädt ein langes niederes Mäuerle zu einer Vesperpause ein. Gestärkt gehen wir nach rechts zum Tal der Rosen. Im Hintergrund sieht man den ehemaligen Steinbruch. Mit dem Schilfsandstein wurden früher u.a. die Stiftskirche und das Schloss gebaut. Weiter streifen wir links die Freilichtbühne Killesberg.

An den Gebäuden der „Augustinum-Seniorenresidenz“ vorbei über die Straße „Am Kräherwald“ zum Waldrand. Keine 200 m liegt das „Theodor-Heuss-Haus“ mit Museum (www.theodor-heuss-haus.de). An den Weißenhof-Tennisplätzen (Das Weißenhof-Turnier) vorbei kommen wir zum Eidechsen-Habitat Lenzhalde. Künstlich mit Schotter und Erde aufgehäufte Wälle, zum Wohlfühlen der armen Tiere, die wegen Stuttgart 21 ausgesiedelt werden mussten. Am wachsenden Denkmal für die Deutsche Einheit vorbei

*sind wir auf dem 410 m hohen Gähkopf und kommen zum 20 m hohen Bismarckturm. Dieser wurde 1904 eröffnet und ist geöffnet von Ostern bis 1. November sonntags von 11-17 Uhr. Von oben hat man fantastische Aussichten in alle Himmelsrichtungen. Ein kleiner Park mit Bänken lädt zum Verweilen ein*.

Oben auf der Plattform stand eine Feuerschale. Zu Ehren von Otto Bismarck wurde mit der Abenddämmerung am Geburts- und Todestag und zur Sonnenwendfeier ein Feuer entzündet.

In Serpentinen den Wiesenhang hinab, abi. Links in die Robert-Bosch-Straße. Vereinzelt sticht eine Jugendstil-Villa ins Auge. In den Vorgärten blüht gelb der Winter-Jasmin und rosarot und zierlich der Schneeball. Weiter geht’s geradeaus in der Parlerstraße. An der Helferichstraße rechts einen Abstecher machen mit schöner Aussicht.   *“Stuttgart, ein Häusermeer…“*.   Den Stich wieder zurück zur Birkenwaldstraße.

*Oben steht auf der linken Seite das „Hackländerhaus“, das 1910 für den Schriftsteller Friedrich-Wilhelm-Hackländer erstellt wurde*.

Gleich wieder rechts die Staffel „Im Himmelsberg“ hinab in die Straße „Am Kriegsbergturm“.

*An der Ecke stand an der Stelle des jetzigen modernen Hauses Nr.44 die Villa Bolz (siehe INFO). Wir machen einen Abstecher zum Kriegsbergturm, der 1895 als Aussichtsturm errichtet wurde. Die Aussichtsplattform ist leider geschlossen, aber von der gegenüberliegenden Seite aus hat man schöne Ausblicke auf große Teile der Innenstadt und den Bahnhof. Unterhalb des Turms befindet sich ein kleiner Park mit Bänken*.

Wir gehen wieder zurück an die Ecke mit dem modernen Haus. Durch das große Treppenhausfenster sieht man den Gedenkstein auf dem Boden stehen. An den Wänden hängen farbenfrohe Gemälde. Auf der Birkenwaldstraße gehen wir rechts hinunter. Von weitem schon sieht man die weiße Gartenmauer und das geschwungene Eingangstor des Chinagartens.

*Durch das Tor geht man in einen Park mit Halle, Pavillon, exotischen Pflanzen, Bänken* und gelb leuchtet der Winter-Jasmin. Am Ende des Gartens steht ein hoher Fels mit Wasserfall. Links und rechts führt eine Treppe nach oben und belohnt uns mit einer tollen Aussicht auf die Innenstadt* und den neuen Hauptbahnhof. *Der Garten wurde 1993 von der chinesischen Partnerprovinz Jiangsu gestiftet und gehört heute dem „Verschönerungsverein Stuttgart“*.

Wir verlassen den Garten nach links und gehen ein kurzes Stück die Panoramastraße hinab. Links immer geradeaus die lange Kronenstraße die Staffel hinunter. Wir überqueren die Kriegsbergstraße, die Friedrichstraße (B27) und biegen in die Lautenschlager Straße rechts ein. Zum Hauptbahnhof ist es nicht weit. Dort gibt es eine Treppe hinunter zur S-Bahn Haltestelle Hauptbahnhof. Doch wir kehren noch gemütlich ein. Jetzt ist es nicht mehr weit. An der Ecke Bolzstraße (Eugen Bolz) steht der Kiosk „Platz der Republik“. Doch wir biegen links in die Bolzstraße, wo das „Brauhaus Schönbuch“ steht und Karin und Dieter nochmal 25 Plätze nachbestellen mussten, damit über 40 Wanderer am Tisch sitzen können. Vielen herzlichen Dank für diese schöne Wanderung und den gemütlichen und geselligen Ausklang im Brauhaus.

INFO

Die NSDAP wollte ca. 1936 auf dem Killesberg einen Höhenpark anlegen für das Volk, um zu zeigen, dass sie nur Gutes im Sinn hat. Einige kleine Betriebe und ein Bauernhof wurden ausgesiedelt. Tausende arbeitslose Männer und Frauen hatten endlich für einige Jahre Arbeit. Dafür waren sie dankbar. Meist nur mit Spaten und Schaufel ausgerüstet schufen sie eine schöne Gartenlandschaft. Bei der Bombardierung wurde der Höhenpark größtenteils zerstört. Der Park sollte die Menschen beruhigen und vom ganz großen Plan der Osterweiterung ablenken. Denn in Sichtweite wurden schon auf dem Burgholzhof Kasernen gebaut, die nach dem Krieg die Amerikaner nutzten, Robinson Barracks. Und die Grenadier-Kaserne in Zuffenhausen.

Killesberg war auch Sammelstelle für früh um fünf Uhr aus ihren Wohnungen vertriebenen Juden. Von dort wurden sie von deutschen Soldaten in langen Menschenkolonnen die Straße hinunter zum Bahnhof getrieben.

*Eugen Bolz

Bolz hatte von 1932 bis zu seiner Verhaftung durch die Gestapo 1944 in dem Haus, das 1906 erbaut wurde, gelebt. 2017 wurde die Villa abgerissen und das jetzige Gebäude erbaut*. Das Martyrium dieses Opfers der nationalsozialistischen Diktatur, seine Leidenszeit, begann als die Nationalsozialisten an der Macht waren. Sein Leben war die Politik. Er stand für Freiheit ein, gegen den Unrechtsstaat. *Eugen Bolz war ein Gegner des Nationalsozialismus. Der frühere Justiz- und Innenminister des württembergischen Landtags wurde nach Graf von Stauffenbergs gescheiterten Hitler-Attentat am 22. August 1944 in „Schutzhaft“ genommen, verurteilt und im Januar 1945 mit dem Fallbeil in Berlin-Plötzensee enthauptet*.

Die in “ * “ gekennzeichneten Zitate sind dem Wanderbuch von Werner Sippel
„WEGE. 3 – 32 Rundwanderungen, Tour 7 und Tour 8“ aus dem
Verlag „Ungeheuer + Ulmer“ entnommen.

Jürgen Schwarz

Dieter Holzwarth